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Das Heiljahr – Teil 1

Das Heiljahr – Teil 1

Liposuktion bei Lipödem

Danke, für Deine Geduld! Die Fortsetzung hat einen Moment gedauert, aber Du bist wieder da – wie schön! Wie, Du wartest nicht schon seit Wochen, sondern bist erst jetzt zu uns gepurzelt? Dann empfehle ich Dir dringend einen Blick auf das, was bisher geschah – HIER geht es zum letzten Beitrag (und über das Menü auch zu allen anderen davor).

Endlich, ich hatte es geschafft. Die Liposuktion der Beine sowie Oberarme in einer OP überstanden und nach einem bestens umsorgten Tag in der Klinik wieder zu Hause. Auf in den nächsten Kampf: das Heiljahr.

Das Heiljahr

Es fühlte sich so gut an, wieder auf der heimischen Couch zu liegen, die ich im Vorfeld schon entsprechend mit Kissen und Decken präpariert hatte. Denn ins Schlafzimmer, das bei uns im Obergeschoss liegt, traute ich mich zu Beginn noch nicht. Was weniger am Schlafzimmer, als mehr an den Treppen hinauf lag, denn meinen Beinen – diesen dürren Stelzen – wollte ich noch nicht so recht trauen.

Also verbrachte ich die ersten vier Nächte im Wohnzimmer. Ich musste ohnehin spätestens alle 2 – 3 Stunden auf die Toilette, denn es ist immens wichtig, sehr viel zu trinken, um die Narkose auszuspülen. Vier Liter sind hier das Mindestgebot. Und ja, das ist viel. Und nein, das ist auch nicht einfach und irgendwann kann man das schnöde Leitungswasser nicht mehr sehen. Da werden Brühe, Tee und Cola echt zu Ambrosia 😉 Neben dem Vorteil, den Cola von Seiten Kreislaufstabilisierung noch so mit sich bringt.

Wichtig ist auch, neben dem ständigen Aufstehen müssen auch das freiwillige Aufstehen zwischendurch. Der Kreislauf dankt es und auch das Gewebe, die Lymphe und die Muskulatur freut sich. Kleiner Tipp: wer wie ich gern bei Krankheit „Trash-TV“ schaut, was mit sehr regelmäßigen Werbepausen einhergeht, einfach bei jeder Unterbrechung aufstehen und ein paar Runden langsam durch den Raum gehen. So vergisst man es nicht und beim 10. Mal ist ohnehin auch der witzigste Werbespot langweilig.

Hilfe darf sein

Bitte sorge dafür, dass, wenn Du einen ähnlichen Weg gehen möchtest, Du in den ersten Tagen Unterstützung zu Hause hast. Ich konnte von Anfang an ohne Hilfe aufstehen, umherwandern, auf die Toilette gehen – klingt albern, aber Du wirst merken, was ich meine. Das können durchaus Herausforderungen sein. Aber ganz ehrlich: mir etwas Ordentliches zu essen machen, mich von Kopf bis Fuß waschen oder ganz banal Haare kämmen und zusammenbinden, das konnte ich zu Beginn nicht allein. Und Du weißt nie, was Dein Kreislauf so im nächsten Moment vorhat.

Kreislauf – nun ja – der ist bei mir eigentlich immer recht stabil. Vor dem ersten Mal duschen hatte ich aber Respekt. Denn da habe ich sehr viel drüber gelesen. Das erste Mal die Kompressionsmieder ausziehen ist für den Körper nämlich eine ziemliche Belastung. Ich bin das sehr langsam angegangen, erst mal das Armmieder ablegen, dann die Hose aus, dann die Thrombosestrümpfe und dann langsam alle Pflaster und Verbände lösen. Bitte unbedingt im Sitzen machen! Im Anschluss habe ich mich in die Wanne gelegt, um mich dort abzuduschen. War auch gut so, denn als ich endlich nach den zuvor beschriebenen Anstrengungen in der leeren Wanne lag, wurde mir schwarz vor Augen.

Raus aus der Kompri – rein in die Kompri

Es schießt unglaublich viel Blut in die Extremitäten, die zuvor in der Kompression steckten, das führt dann – häufig auch mit dem nicht ganz so hübschen Anblick auf die abgesaugten Areale, die in lila, blau und grün strahlen – zu einem kurzen Blackout. Besser, man liegt dann schon. Vor allem lassen sich in der Wanne auch schön die Beine hochlagern, um das Blut zurück zum Herzen und in den Kopf zu bekommen. Ein Glas Cola (bitte eine Version mit Zucker!) kann da dann schon Wunder wirken und auch Traubenzucker leistet hier gute Dienste.

Langsam ist auch hier das Gebot der Stunde. Und es tat so unsagbar gut, endlich wieder richtig geduscht zu sein und in frisch gewaschene Sachen zu schlüpfen. Haha – von wegen schlüpfen. Hier wartet die nächste Aufgabe: zurück ins Mieder. Setz Dich, nimm Dir Zeit. Und Magnesium. Am besten ein Direkt-Granulat oder ähnliches. Es ist ein ziemlicher Kraftakt, wieder in das Mieder zu kommen und mir haben sich nach der Hälfte einfach mal die Hände verkrampft. Der Daumen ging einfach zur Handfläche (ohne mein Zutun) und blieb dort stehen. Öffnen ohne Hilfe der anderen Hand? Fehlanzeige. Daher das Magnesium. Hilft, weiß ich aus Erfahrung 😉

Lymphdrainage (MLD) – Dein Freund!

Es gibt einiges vor der OP zu erledigen, einzukaufen (schau gern auch mal auf unserer EINKAUFSLISTE, woran es zu denken gilt) und zu vereinbaren. Denke also unbedingt auch an eine frühzeitige Terminvereinbarung in der Physiotherapiepraxis Deines Vertrauens. Nach der OP ist die manuelle Lymphdrainage ein wichtiger Faktor für den Erfolg und die Heilung, es sollten zunächst min. zwei Termine pro Woche sein. Zu Beginn geht das auch im Mieder, falls sich das Ausziehen noch als unüberwindbare Hürde gestaltet. Nur keine Angst, es schmerzt normalerweise nicht, sondern tut eher gut und erfahrene Therapeuten passen die Behandlung an den aktuellen Zustand an.

Ich habe sehr viele unterschiedliche Aussagen zum Beginn und zur Dauer der MLD (manuellen Lymphdrainage) gehört. Bitte hört da auf die Empfehlung eures Spezialisten! Bei mir war der Beginn der MLD nach einer Woche empfohlen, was gut funktioniert hat. Auch sollte sie drei bis sechs Monate (das ist sehr unterschiedlich und absolut subjektiv) fortgeführt werden, wobei dann zumeist einmal pro Woche genügt. Das Lymphsystem spricht darauf meist sehr gut an und lernt, wieder von allein seinen Job zu erledigen, so dass die Behandlung dann nicht mehr nötig ist.

Lymphödem vor oder nach der OP?

All jene, die vorher (wie ich zum Beispiel) schon mit einem Lymphödem zu tun hatten, könnten dieses auch nach der OP noch haben, so dass die MLD ein ständiger Begleiter bleiben kann. Häufig wird es jedoch deutlich besser, vergeht sogar ganz. Bei anderen wiederum wird das empfindliche Lymphsystem durch eine Liposuktion gestört, oder gar beschädigt und es kommt dadurch zu einem vorübergehenden oder dauerhaften Lymphödem. Dessen sollte man sich unbedingt bewusst sein. Eine OP hat neben allen Vorteilen auch immer Risiken, die es abzuwägen gilt.

Mein Lymphödem wurde mit der Zeit deutlich schwächer, da das Lymphsystem nun nicht mehr gegen das Lipfett ankämpfen muss. Ganz weg ist es jedoch (noch) nicht. Ich habe aber Hoffnung. Denn eines habe ich gelernt. Nein, leider nicht „Geduld“, die fällt mir noch immer schwer. Aber: es heißt zwar Heiljahr, allerdings ist dieses nicht nach einem Kalenderjahr abgeschlossen, sondern es verändert sich auch danach noch etwas. Viele sprechen von Heiljahr = 18 Monate. Ehrlich gesagt denke ich aber, dass der Prozess selbst darüber hinaus geht.

Auf und ab

Bist Du ein Freund von Logik und Kontinuität? Das legst Du nach einer Liposuktion besser ab. Denn dummerweise läuft hier nichts linear. Es sind vielmehr Wellen. Hätte ich mir für meine Haare gewünscht, die sind, im Gegensatz zur Heilung, total linear 😀 Scherz beiseite, es ist schon seltsam, wenn es einem heute vermeintlich total gut geht und man morgen einfach wieder in den Seilen hängt. Mal machst Du einen großen Sprung in Sachen Heilung und dann geht es tagelang kein Stück vorwärts. Völlig normal, also bitte keine Sorge.

Und die Hormone sind der Horror! Durch die OP kommt hormonell einiges durcheinander und was zuvor im Lipfett gespeichert war, wird der Körper nun fröhlich nachproduzieren. Das passiert nur leider nicht sanft und unbemerkt, sondern schön mit der Breitseite. Wer mich kennt weiß, dass ich nicht wirklich zu jenen zähle, die „nah am Wasser gebaut“ sind. Wenn ich also in Tränen ausbreche, wenn ein hübsch geschmückter Weihnachtsbaum zu Beginn eines Films zu sehen ist, dann ist das absolut nicht normal! Ok, war vielleicht auch nicht die Beste Idee, in dem Zustand „Tatsächlich Liebe“ zu schauen, aber hey – ich hab höchstwahrscheinlich den letzten Rest der Narkosemittel vollständig rausgeheult 😀

Aber wie geht es jetzt weiter? Wann ist man vollständig wieder auf den Beinen, wann ist Sport wieder möglich und wie fühlt es sich nun an? Ok, gleich hasst Du mich vielleicht ein bisschen, aber das möchte ich Dir im nächsten Beitrag erzählen. Also bleib‘ gespannt und bei mir 🙂

Herzlichst
Deine Melanie

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